Dienstag, 21. Oktober 2014

René Burri ist tot.

aus süddeutsche.de,

Zum Tod von René Burri  
Der Mann mit dem abseitigen Blick

von Andrian Kreye

Schon sein allererstes Foto sollte später in die Geschichte eingehen: Als 13-Jähriger fotografierte René Burri Winston Churchill 1946 in einer offenen Limousine. Später porträtierte er Che Guevara und Pablo Picasso. Jetzt ist der Schweizer Fotograf gestorben.   
 
Es gibt zwei historische Bilder des argentinischen Helden der kubanischen Revolution Che Guevara. Das eine ist von 1963 und wurde von dem Schweizer Fotografen René Burri gemacht, der nun am Montag gestorben ist. Es zeigt Che schon in der Pose des Herrschers. Er war zu diesem Zeitpunkt Industrieminister, saß schlecht gelaunt in den Räumen seines Amtes, zwischen seinen Lippen eine Cohiba-Zigarre.
 
Alberto Korda
 
Das andere Bild entstand drei Jahre zuvor, da war die Revolution noch jung und der kubanische Fotograf Alberto Korda porträtierte Che als Helden, die kampfmüden Augen unter dem Barett in die Weite gerichtet. Burri und Korda trafen sich Jahre später einmal. Korda brachte seinem Schweizer Kollegen einen Abzug mit, unter den er geschrieben hatte: "von Deinem Freund Korda, dem Schöpfer des, wie Du zugeben musst, berühmtesten Fotos von Che". Kordas Bild war ja zu einem Heiligenbild der 68er geworden, zierte unzählige T-Shirts und Poster. Später revanchierte sich Burri mit einem Abzug seines Bildes: "von Deinem Freund Burri, dem Schöpfer des, wie Du zugeben musst, besten Fotos von Che".
 
die Callas

Schon sein erstes Bild sollte später in die Geschichte eingehen 

Als René Burri das Che-Foto aufnahm, war er selbst längst berühmt. Schon sein allererstes Foto sollte später als Meisterwerk in die Geschichte der Fotografie eingehen. Das hatte er als 13-Jähriger aufgenommen, als ihm sein Vater seine Kamera in die Hand drückte und er 1946 Winston Churchill fotografierte, wie er aufrecht in einer offenen Limousine stehend durch Zürich fuhr.
 
 
Seinen internationalen Durchbruch hatte er mit dem umfangreichen Foto-Essay "Die Deutschen", das er 1957 begann und bis 1997 immer wieder ergänzte und erweiterte. Als neutraler Schweizer konnte er ungehindert beide Teile Deutschlands bereisen. Es war ein schonungsloser Blick, den er da auf die besiegte, geteilte und in sich zerrissene Nation warf. Als die erste Ausgabe seines Buches 1962 erschien, wurde er in New York, Paris und London gefeiert. In Deutschland haben sie ihn dafür gehasst. Tiefe Müdigkeit und bleischwere Tristesse lasteten auf Burris Deutschland, Trümmer und jene freudlose Architektur der Nachkriegsjahre ließen nicht einen Hauch von Wärme zu.
 
 
Für Magnum bereiste René Burri die Welt. Er dokumentierte viele der großen Kriege und historischen Ereignisse. Berühmt wurden aber meist seine Bilder mit den abseitigen Blicken, den exemplarischen, nicht den historischen Momenten. Er porträtierte die Großen seiner Zeit wie Pablo Picasso, Alberto Giacometti und Le Corbusier, drehte Dokumentarfilme über China, über den Sechstagekrieg und über Gastarbeiter in der Schweiz. Nun ist er in Zürich an einem Krebsleiden gestorben. Er wurde 81 Jahre alt.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen